Eine schlaflose Nacht, dann der Test mit dem Morgenurin. Zwei Striche, positiv, schwanger! Unbändige Freude und ein Überraschung-Osterpaket für den werdenden Vater. Jubeln… wir sind so verliebt wie nie. Analysieren… zeigt der Körper schon Anzeichen? Planen… wann sagen wir es dem Rest der Welt. Und auch: wann geht es zum Gynäkologen?
Schon der Anruf beim Arzt ist mit Adrenalin-Stößen
verbunden. Den Termin mache ich erst in zwei Wochen aus, noch ist alles zu
frisch. In der Frühschwangerschaft kann man auf dem Ultraschall noch fast
nichts sehen. Und ich mache mir so meine Gedanken… wird man das Kind auf dem
Ultraschall überhaupt gut sehen können. Durch meine dicke Bauchdecke hindurch?
Bei der Frauenärztin dann die Bestätigung. Die Fruchthöhle
ist schon gut zu sehen, auch darin ist etwas… obwohl man noch kein Herz
schlagen sehen kann. Zu früh. Die Gedanken zur dicken Bauchdecke waren überflüssig.
Der Ultraschall wird vaginal durchgeführt, man sieht alles einwandfrei. Danach
setzen wir uns hin. Die Ärztin auf der einen, ich auf der anderen Seite des
Tisches. Es folgt die Anamnese, das heißt Befragung. Schwangerschaftsrisiko
liegt keines vor… außer Adipositas. Dieser einzige Punkt reicht, damit bin ich
automatisch Risikoschwangere. Das muss sie ankreuzen sagt sie, später soll ich
noch auf die Waage. Ich bin ganz froh, dass die Waage erst zum Schluss kommt.
Eigentlich hätte ich gerne etwas Gewicht vor der Schwangerschaft
verloren. Eigentlich. Theoretisch. Aber ich war schon immer dick. Sehr dick sogar. "Morbid adipös". Weit, weit über 100 Kilogramm schwer. Versucht
habe ich früher einiges… immer mit dem Ergebnis weiterer Zunahme. Aber in den
letzten Jahren habe ich besser damit gelebt mich zu akzeptieren und so viel
wohler gefühlt... Sport gemacht und vermutlich ein stabiles Gewicht gehabt.
Auch wenn ich mich nicht mehr so viel gewogen habe.
Der Wunsch Kinder zu haben war schon immer da, aber der
Zeitpunkt im Leben (Studium, Beruf und Abenteuer) war noch nicht dagewesen.
Dass ich allerdings so schwergewichtig schwanger sein würde, hatte ich mir in meiner Phantasie früher nicht ausgemalt. Andererseits: wie wahrscheinlich ist es ein Leben plötzlich von XL auf M oder S umzuorganiseren? Als ich dann bereit war schwanger zu werden, wurde mir auch klar, dass ich vermutlich dick schwanger werden würde. Wenn überhaupt. Schon ein paar Jahre trieb mich die Sorge um, dass ich womöglich gar nicht schwanger werden könnte? Innerlich beruhigte ich mich immer damit, dass ich bestimmt rechtzeitig abnehmen würde… nur, dass mir das ja nie gelungen war und ich mittlerweile zugunsten meines Seelenfriedens (minus Selbsthass, plus Selbstakzeptanz) das Interesse daran verloren hatte. Nun, die Sorgen nicht schwanger werden zu können waren unbegründet. Ich war schwanger, nun galt es schwanger zu bleiben und irgendwann ein hoffentlich gesundes, kleines Baby zu gebären.
Irgendwann habe ich den Spruch gehört, dass Untergewicht ein
besonderes Risiko für das Kind darstellt und starkes Übergewicht ein besonderes
Risiko für die Schwangere (für das Kind natürlich auch, aber eben ganz
besonders für die Schwangere). Daran musste ich denken, als ich schwarz auf weiß
erhielt, dass ich eine „Risikoschwangerschaft“ trug.
Dabei ging es mir gut. Ich hatte keine Übelkeit, fühlte mich
fit, ging weiter schwimmen und arbeiten. Trotzdem blieb ein Unwohlsein zurück.
Was riskierte ich da? Mein Leben? Das Leben meines ungeborenen Kindes? Was tat
ich uns da an? War es egoistisch und dumm ein solches Risiko einzugehen? Ich
fühlte mich, als habe man mir einen Stempel aufgedrückt. Und dass dieser „Stempel“
mit gewissen Automatismen einhergeht ahnte ich zu diesem Zeitpunkt schon. Dennoch:
dieses unglaubliche, große Glück wollte ich um nichts der Welt wieder
wegtauschen. Und als ich dann irgendwann meinen staunenden Arbeitgeber
informierte, tat ich das mit den Worten: „Ja, es ist ein kleines Wunder", obwohl ich innerlich dachte, dass es einfach so hatte sollen sein und mein Körper bereit dafür gewesen war.
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